Netflix-Serie Squid Game – neuer Wein in alten (medienpädagogischen) Schläuchen

Squid Game ist eine brutal inszenierte und sehr erfolgreiche 9teilige südkoreanische TV-Serie aus dem Jahr 2021, die bei Netflix publiziert wurde.

Inhalt
456 hochverschuldete Kandidaten erhalten die Chance, über die wettkampforientierte Teilnahme an verschiedenen Kinderspielen ihre Schulden loszuwerden. Problem: Die Verlierer eines jeweiligen Spiels werden getötet oder sterben aufgrund des Spielreglements. Nur der oder die letzte Teilnehmer(in) gewinnt eine große Menge Geld.

Jugendschutz
Netflix gibt die Serie für Jugendliche ab 16 Jahren frei, eine FSK-Wertung gibt es nicht. Eine Verpflichtung der Prüfung gibt es in Deutschland nicht, ein freiwilliger Prüfantrag wurde derzeit nicht eingereicht (FSK, Abruf: 13.11.2021). In Medienberichten ist mehrfach die Rede davon, dass Kinder im Grundschulalter die Spiele nachspielen und Spielverlierer durch z.B. durch Schläge o.ä. bestraft werden. Ob dies der Wahrheit entspricht, ob Kinder im Grundschulalter die Serie tatsächlich konsumieren oder in Ausschnitten auf anderen Plattformen konsumieren, sollte bei der Beurteilung mit bedacht werden.

Info Alterskennzeichnungen
Hinweis: die Alterskennzeichnung „16“ erfolgt bei dieser Serie durch den Anbieter selbst.
FSK 16 | Bei 16- bis 18-jährigen kann von einer entwickelten Medienkompetenz ausgegangen werden. Problematisch bleibt die Vermittlung sozial schädigender Botschaften. Nicht freigegeben werden Filme, die Gewalt tendenziell verherrlichen, einem partnerschaftlichen Rollenverhältnis der Geschlechter entgegenstehen, einzelne Gruppen diskriminieren oder Sexualität auf ein reines Instrumentarium der Triebbefriedigung reduzieren. Auch die Werteorientierung in Bereichen wie Drogenkonsum, politischer Radikalismus oder Ausländerfeindlichkeit wird mit besonderer Sensibilität geprüft.

FSK 18 | Das Kennzeichen „FSK ab 18“ entspricht dem bisherigen Kennzeichen „Keine Jugendfreigabe“. Dieses Kennzeichen wird vergeben, wenn keine einfache bzw. schwere Jugendgefährdung vorliegt. Nach § 14 Abs. 3 u. 4 des Jugendschutzgesetzes erfolgt für DVDs und Blu-ray Discs die Vergabe des Kennzeichnens „FSK ab 18“, wenn keine einfache Jugendgefährdung vorliegt, für die öffentliche Filmvorführung, wenn der Film nicht schwer jugendgefährdend ist. Gekennzeichnete Filme, DVDs und Blu-ray Discs werden von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) nicht indiziert.

Medienpädagogischer Kommentar
Die Serie „Squid Games“ muss genauso beurteilt werden, wie andere Medieninhalte (Computerspiele, Software, Medien), die nicht für Kinder freigegeben sind, egal, ob sie bei Netflix oder häppchenweise auf anderen Pllattformen konsumiert wird. Dementsprechend muss die Altersempfehlung in den Fokus rücken, wenn man die Serie vor dem Hintergrund des Jugendmedienschutzes in Diskussionen beurteilt. Wichtig ist dabei, dass Kinder und häufig auch Eltern verstehen, wieso die Serie erst ab 16 Jahren freigegeben ist. In der Serie werden Tötungen sehr realistisch und teilweise brutal dargestellt, ebenso werden Themen wie illegaler Organhandel realistisch in Szene gesetzt. Für Kinder nicht einzuschätzen und in einen abstrahierenden Kontext zu setzen. Ein Prüfungsantrag bei der FSK (im übrigen freiwillig einzureichen) zur Beurteilung und Erstellung einer Altersempfehlung wurde nicht vorgelegt (Stand 13.11.21), die Altersempfehlung kommt also von Netflix selbst und das hat Geschmack (Zielpublikum: Wer schaut Netflix? Wer achtet dort auf die Jugendeignung der Filme/Serien – hier sind bei Minderjährigen die Eltern in der Pflicht. Das Filmangebot lässt sich in den Netflix-Kontoeinstellungen einstellen, filtern). Ich würde aufgrund der Gewaltdarstellungen eine klare Altersempfehlung von 18 geben, ich halte die Inhalte u.U. auch für 16 jährige zu verstörend. Informationen zur Freigabe der FSK gibt es unter fsk.de

Sind die Kinderspiele aus der Serie jugendfrei?
Natürlich, es handelt sich um klassische Kinderspiele. Allerdings sterben die Verlierer auf brutal inszenierte Art und Weise, dies ist u.a. der Grund dafür, dass die Serie für Kinder gar nicht freigegeben ist. Die dargestellten Kinderspiele selbst, die beim verlorenen Spiel in der Serie zum Tod der Spieler führen, werte ich anders. Das witzige mathematisch angelehnte Murmelspiel kenne ich aus meiner Kindheit auch, das Farbenspiel „grünes Licht – rotes Licht“ wird, genau wie das „Tauziehen“, beispielsweise gern im Sportunterricht mit jüngeren Kindern im Grundschulalter gespielt. Dort heißt das Spiel „Ochs vorm Berg“ oder “Stopp-Spiel” – also grundsätzlich auch hierzulande populär und harmlos. Wenn Kinder aber Spielverlierer bestrafen oder ausgrenzen wollen, was nicht zu Spiel gehört sondern ein Transfer aus der Serie ist, dann sollten Eltern, Erzieher, Lehrende eingreifen und unmittelbar das Gespräch suchen – letztlich geht es ja auch um Medienkompetenz auf der Seite der Kinder und Jugendlichen, um in unserer digitalen Welt sicher unterwegs zu sein. Diese Serie, die Inhalte und die Altersfreigabe von 16 durch Netflix selbst bieten eine super Gelegenheit um über Altersfreigaben und deren Sinn, Werte, Ethik und Moral aber auch Ausgrenzung/ Mobbing ins Gespräch zu kommen.

Materialien

Elterninfo Squid Game (Klicksafe)

Audiosequenzen aus der Serie und Interview mit Dr. Schiege (Präsident Bayrische Landeszentrale für neue Medien)

LK Gifhorn: Unterrichtsmaterialien – Medienpakete (Cybermobbing, Computerspiele, Ethik u.a.)

Fazit: Das Thema ist nicht neu (siehe Filme wie “Running Man” oder “Tribute von Panem”). Es ist also quasi wie immer: Nehmen Kinder und Jugendliche ein für sie nicht freigegebenes Medium zum Anlass sich falsch zu verhalten oder andere gefährdend zu behandeln, versucht man häufig monokausal die Medien an den Pranger zu stellen (vgl. Diskussion zu Egoshootern). Nicht das Medium ist schuld, sondern diejenigen, die (in diesem Fall) eine zu niedrige Altersempfehlung geben und diejenigen, die ihre Erziehungs- und Aufsichtspflicht verletzen, weil sie Kindern ungefiltert den Zugang zu Netflix und nicht altersgemäßen Inhalten auf anderen Plattformen wie Tic-Toc o.ä. ermöglichen – das Zauberwort ist Medienkompetenz.

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